Autor: Guy de Maupassant
Preis: 0 Euro (Kindle), 9,90- 9,99 Euro als Buch
Leseanreiz:
Ich habe früher gerne sogenannte Klassiker gelesen, hatte eine Liebe für die Art zu schreiben, zu sprechen, zu erzählen und auch die durchaus freche Art, mit der manche Autoren, die man – ungekannt – schnell als altmodisch bezeichnet hätte, schon vor 100-200 Jahren geschrieben haben.
Am 3. Mai läuft der Film „Bel Ami“ an und ich freue mich sehr auf die Verfilmung. Ich liebe die Kostüme und Zeiten – zumindest aus der Beobachtung heraus. Ich möchte jedoch auch beurteilen können, ob die Verfilmung gut war, wie sie umgesetzt ist und dafür möchte ich die Romanvorlage lesen und muss immer schmunzeln, wenn irgendwo steht „Das Buch zum Film“… sie meinen „Der Film zum Buch“,- nicht? Ich finde die Besetzung des Films sehr spannend und interessant, auch wenn man sich ausnahmslos für schöne Frauen entschieden hat, die alle atemberaubend auf ihre unterschiedliche Art sind.
Hintergrundinformation:
Guy de Maupassant, ein französischer Schriftsteller und Journalist (wurde übrigens mit 17 wegen eines „frechen“ Gedichtes von der Klosterschule verwiesen 😉 ) und verbrachte neben einem Beruf, der ihn nicht erfüllte (Angestellter) sein Leben ausschweifend, was für ihn leider in Syphilis endete. Bel Ami sei in vielerlei Hinsicht auch autobiografisch zu verstehen. Das Buch wurde auch (wundervoll eingedeutscht) unter dem Namen „Der schöne Georg“ (na… ist das nicht ein toller Titel*Ironie*) übersetzt und ist eines der meist gelesensten Werke des Schriftstellers.
Inhalt:
Ich habe den ersten Absatz, den ich geschrieben habe wieder gelöscht. Wie beschreibt man das? Letztlich geht es – trocken gesagt – um einen einfachen Mann ohne rechte Talente oder Fähigkeiten, der jedoch einen enormen Hunger nach Aufstieg, Bestätigung, Macht und Geld mitbringt sowie eine gehörige Portion gutes Aussehen. Über Zufälle, Zuwendungen und Unterstützungen (hauptsächlich von Frauen) gelingt ihm ein rasanter Aufstieg in der Gesellschaft. Und egal was er erreicht – es geht immer noch besser. Ziele werden angegangen und fallen gelassen sobald sie erreicht sind, denn es gibt immer eine Frau, die noch repräsentativer wäre oder noch mehr Geld hätte oder… Nie genug.
Beim Lesen wurde ich wütender und wütender auf den Protagonisten, der die Aufmerksamkeitsspanne eines hyperaktiven, nymphomanischen Eichhörnchens hat. Maupassant lässt einen an den Gedankengängen des jungen Mannes teilhaben, was einerseits hoch interessant und im nächsten Moment extrem befremdlich ist. Man möchte ständig sagen „Das ist jetzt aber nicht dein ernst…“. Sobald etwas seine Aufmerksamkeit erregt werden alle Verbindungen zu bestehendem Gutem abgerissen und als null und nichtig erklärt…. „… sein… Gewissen… abgestumpft und elastisch geworden… zu einer Art Kiste mit dreifachem Boden …, wo alles mögliche zu finden war.“
Er lässt sich schnell verzaubern – man ist als Leser auch mitverzaubert. Es gelingt ihm in jeder Frau etwas Schönes zu sehen – das er jedoch bei der nächsten Ablenkung sogar extrem abwertet und grausam mit Füßen tritt. Dabei zeigt er nahezu pathologisch-relevante Beziehungs- und Bewertungsmuster und besitzt keine eigene Identität – nur die stete Verwandlung eine „subjektive“ Evolutionsstufe/Gesellschaftsstufe weiter und ist dabei mit sich selbst und dem eigenen Handeln nicht so ehrlich sich seine Methoden einzugestehen. Alles wird irgendwie gerechtfertigt, das Leben schulde ihm etwas, das er sich gerechtfertigt nehme. („Dass Forestier ohne Madeleine nichts gewesen wäre, das wollte er gern zugeben, aber er selbst – nein, das war ganz was anderes.“)
Er begegnet auch den Fragen nach dem Sinn des Lebens („… Was erhoffen Sie sich von der Liebe? Noch ein paar Küsse und Sie sind impotent.“), der ihn – wie jedes Gefühl und jede Annäherung von Tiefgang kurz mitnimmt – nur um dann wieder unter den Teppich geschoben zu werden. Ein Leben im unreflektierten Slalom um Tiefgang, Bezogenheit und eigene Identität.
Fazit:
Ich habe mich jetzt hauptsächlich mit meiner Entgeisterung über den Hauptcharakter ausgedrückt – nicht über das Buch selbst. Ich empfand es als sehr gut zu lesen, teilweise von der Oberflächlichkeit und den Werten des Protagonisten entsetzt. Die Begleitung von George Duroy war eine interessante kulturelle Geisterbahn einer Zeit, in der Frauen keinerlei Rechte besaßen, jedoch das soziale Bindeglied der Gesellschaft darstellten und durchaus im Hintergrund Einfluss ausübten.
Die verschiedenen Frauentypen, die in Form der weiblichen Hauptcharaktere vorkommen, sind interessant und unterschiedlich und zeigen von der leicht rebellischen „Zigeunerin“ zur klugen „Geschäftsfrau“ über die Mütterliche oder das Mädchen typische Frauenbilder und ihr Leben in dieser Zeit. Moral ist dabei insgesamt ein biegsamer Begriff und eher damit verbunden, ob es denn ein Verbrechen gibt, wenn Kläger fehlen.
Ich bin froh, das Buch in Vorbereitung für den Film gelesen zu haben und bin enorm gespannt auf die Umsetzung. Die Besetzung finde ich großartig, auch wenn die Vorliebe für schöne Frauen – selbst für Charaktere, die im Buch vllt. keinen Blumentopf gewonnen hätten – unserer Zeit und unserer Vorstellung von Ästhetik da einfach siegt. Der Kinostart wurde übrigens leicht verschoben vom eigentlich geplanten 26.April auf den 3. Mai. – Also nicht wundern, sondern ins Kino gehen und mir gerne Eure Meinung über Film und/oder Buch hier lassen!
Lest Ihr denn Bücher zu den Filmen? Ein sehr populäres Beispiel sind ja gerade die Hunger Games. Unter welchen Umständen würdet Ihr das Buch lesen und wie schneiden Buch und Film in der Relation eher ab? Ist das Buch „immer“ besser?
DK
Thematisch bin ich ja bei Büchern anders aufgestellt als Du, aber es gibt manche Verfilmungen von Büchern, die ich sehr gerne habe.
Beste Beispiele sind für mich „The Handmaid’s Tale“ von Margaret Atwood, „Fight Club“ von Chuck Palahniuk, „Elementarteilchen“ von Michel Houellebecq und „The Rules of Attraction“ von Bret Easton Ellis.
Allesamt Lieblingsautoren von mir und für mich stimmt hier die Relation zwischen Film und Buch. Vor allem „Fight Club“ hat mich nachhaltig beeindruckt und es in meine Liste der ewigen Lieblingsfilme geschafft.
Geärgert habe ich mich über die Verfilmung von „American Psycho“, auch wenn ich Christian Bale gerne sehe und was aus „Less than Zero“ gemacht wurde – da fallen mir keine anständigen Begriffe dazu ein.
„The Hunger Games“ als Film hat mich gut unterhalten und es sogar auf meine Fingernägel geschafft, aber das Buch werde ich sicherlich nicht lesen – ist einfach nicht so meine Art der Literatur.