Ab und zu finden sich hier auch gerne Buchrezensionen, denn ich lese/höre sehr gerne. Vor Ewigkeiten habe ich dabei Audible für mich entdeckt, wo ich ein Audible Hörbuch-Abo habe (noch zu den alten Konditionen – das haben sie leider überarbeitet – aber immerhin gibt es 1 Hörbuch pro Monat (egal wie teuer es einzeln gekauft wäre) für 9,95€ (für die ersten 3 Monate nur 4,95€) … Wer gerne Hörbücher hört, weiß wie teuer sie sein können… Und ich höre gern und viel Hörbücher… Beim Einschlafen, beim Aufräumen, beim Autofahren und (als ich noch diszipliniert war) beim Joggen. Die Hörbücher gibt es übrigens in mehreren Sprachen – so habe ich auch Game of Thrones durchgängig auf Englisch genossen (der beste Sprecher, den ich je erlebt habe!).

Unter „Der Schimmer liest“ versuche ich übrigens ein paar aktuelle Eindrücke und kleinere Gedanken zu Büchern etc. festzuhalten – komme aber teilweise leider nicht nach, weil ich oft parallel mehreres höre/lese.

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Drood – Dan Simmons


Drood – bei Audible
Drood als ungekürztes Hörbuch bei Audible

Protagonist und Ich-Erzähler des Buches ist William Wilkie Collins (Link zu Wikipedia) ein Freund und Kollege von Charles Dickens (Link zu Wikipedia), den man als Leser/ Hörer über einige Jahre hinweg begleitet. Durch eine gespensterhafte Begegnung mit der missgestalteten Figur „Drood“, von der Dickens berichtet (und der übrigens später als letzten Roman „The Mystery of Edwin Drood“ verfasst, den er nie beendet) entspannt sich eine Handlung zwischen Thriller, Mystery und Okkult zwischen Realität und Träumen aus Laudanum.

Mesmerismus (wird im Buch synonym zu Hypnose verwendet), Wahn, Morde, Verschwörungen, Kriminalität, Sucht,  Psychosen, Übernatürliches… und das alles im England des 19. Jhd. Das schien mir verlockend für eine interessante Unterhaltung, die spannende wie gruselige Anteile enthalten könnte auf Basis einiger tatsächlicher Begebenheiten und tatsächlich damals lebender Charaktere. – Wer dieses Gefühl behalten möchte, sollte jetzt nicht weiter lesen…

Ich muss mich selten durch Hörbücher quälen… aber dieses Mal musste ich. Der Sprecher selbst hat sich redlich Mühe gegeben, aber ich hatte ständig das Gefühl „Ist es jetzt endlich vorbei?“ oder „Was denn jetzt noch?“, weil mir die Handlung eine Aneinanderreihung paranoider und narzisstischer Wahngedanken war. Ein ständiger Vergleich des Protagonisten mit seinem eigentlichen Freund Charles Dickens, der schnell zum Rivalen wird, selbstverliebten Gedanken des Ich-Erzählers, der ständig sein Genie nicht geschätzt fühlt und nach mehreren Wiederholungen hatte auch ich verstanden, dass 28 Jahre ein hohes Alter für eine Frau dieser Zeit war und sie ihre Blüte in diesem hohen Alter längst hinter sich gelassen hat. – Gut – man könnte auch sagen: ist doch perfekt umgesetzt und transportiert die Stimmung. Vielleicht sollte genau das erreicht werden. Dennoch stellte die Handlung (Nebenschauplatz der fortlaufenden Impressionen des Erzählers) da keine Erleichterung dar, sondern zeigte sich in einer Patchworkarbeit aus Situationen, die vielleicht oder vielleicht nicht so oder ganz anders stattgefunden haben. Man hat das Gefühl durch ein Labyrinth von Eindrücken zu stolpern, die Übergänge von einer Szene zur nächsten sind teilweise (zumindest in der Hörversion) nicht gut getrennt und hinter jeder Biegung hofft man irgendwie, dass sich jetzt langsam der Ausgang präsentiert.

Den Protagonisten Wilkie Collins in seinen Gedanken, dem Slalom um eine (oder mehrere) feste Bindung(en), dem Glorifizieren der eigenen Leistungen und den skrupellosen Taten, die natürlich – im eigenen Gedankengebilde – immer irgendwie gerechtfertigt sind, zu begleiten, ist stellenweise interessant, sprachlich mit Niveau, aber auch einer gewissen Gestochenheit und inhaltlich… letztlich unbefriedigend. Interessante Ideen und Bilder, eine spannende Epoche und historische Charaktere… aber irgendwie… wie ein romantischer Abend, bei dem der Liebhaber in spe sich die körperlichen Grundvoraussetzungen für den restlichen Abend weg-trinkt.

Guillermo del Toro (Pan’s Labyrinth) soll mit Universal Pictures die Verfilmung im Auge haben. Einer Verfilmung sehe ich positiv entgegen – ich denke, dass man den Inhalt gut optisch umsetzen kann und vor allem… die sehr in die Länge gezogenen 29h des Hörbuchs auf 2h zu bündeln kann dem Inhalt in diesem Fall nicht schaden (und ich liebe lange und umfangreiche Bücher durchaus…).

Für wen…

• Liebhaber von Dickens und seinen Büchern, denn diese spielen hier und da im vorliegenden Roman immer wieder eine Rolle
• Historienliebhaber, besonders natürlich des 19. Jahrhunderts und der Umgangsformen, die eine große Rolle in Drood spielen
• Leser von Mystery & Psychothriller Romanen, denen ein teilweise fehlender Spannungsbogen zugunsten von Ambiente nicht fehlt

Für wann…

Gute Frage.. für wann… lasst Euch gesagt sein: nicht bei langen Autofahrten oder Kontexten, an denen Ihr möchtet, dass Zeit schnell vergeht. Beim Aufräumen (wenn man also ohnehin beschäftigt ist), war es aber gut.

Fazit

Ich kann Drood nicht ohne Einschränkungen empfehlen. Der Roman hatte deutliche Längen, der Protagonist wird erfolgreich in seiner psychischen Instabilität mit paranoiden Seiten gezeichnet und einer Hybris, die ihn als Ich-Erzähler teilweise unerträglich macht. – Andererseits gelingt dadurch natürlich die Charakterisierung gut. – Den Handlungsstrang selbst empfinde ich als Selbstzweck und mager… Drood lebt eher durch das Ambiente, die komplexe Sprache, die altmodischen Umgangsformen und damaligen Selbstverständlichkeiten und die Kenntnis der häufig berührten tatsächlichen historischen Umstände, die gut recherchiert scheinen.

Wirklich genossen habe ich Drood aber nicht. Leider.

Sterne 2

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