Nach dem Waisenmädchen (L’Orpheline) hat Serge Lutens einen neuen Duft lanciert, der sich ebenfalls im Titel wie eine Karte der großen Arkana des Tarot lesen könnte: La Religieuse. Die Nonne.

Die Düfte von Serge Lutens sind exklusiv, eigenwillig und erzählen auf ihre Art immer eine Geschichte. Die meisten sind als Uni-Sex Düfte für beide Geschlechter bestimmt.

Christopher Sheldrake ist verantwortlich für eine große Anzahl von Düften bei Serge Lutens oder auch Chanel und hat sich bei La Religieuse dem Thema Jasmin gewidmet, allerdings in einer gänzlich anderen Interpretation als bei A La Nuit oder Sarrasins.

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In einem Interview über La Religieuse spricht Serge Lutens selbst über den neuen Duft, Grausamkeit, Schnee und deutschen Expressionismus.

HERSTELLERINFORMATIONEN

“ Erlöse uns von dem Guten! Weiß wie Schnee ist die Blüte des Jasmins.
Schwarz ist meine Religion.
Serge Lutens”

(Quelle: Serge Lutens)

Preis: 105 € für 50ml bei Serge Lutens oder 81,95 € für 50ml bei Parfumdreams

Duftnoten: Jasmin, Zibetöl, Moschus, Weihrauch

Der Flakon ist schlicht gehalten und mit zwei Verschlüsseln nutzbar: ein Zerstäuber (Zylinder), den man aufschrauben kann und einen Schraubverschluss in Kugelform. Beide runden den Flakon optisch hervorragned ab in ihrem etwas mattierten, warmen Grau, wirken edel. Gleichzeitig modern und altmodisch und durch den Schraubverschluss zu verwenden wie ein Duftwasser früherer Zeit. Interessante Kontraste und bezaubernde Klarheit.

Die Farbe des Parfums ist in einem klerikalen Purpur gehalten. Die Farbe von Grausamkeit und Klerus, aber auch von Mystik.

 

EINDRUCK

Im ersten Augenblick wird die La Religieuse in einen kühlen Hauch eingehüllt, der zitrisch-bergamottig mit Kanten und Linien eine strenge Form vorgibt, unter der die Wärme von Weihrauch zu erahnen ist, jedoch noch gezügelt und gebunden wird. Noch etwas gepresst, noch etwas strenger geformt, als es eigentlich fließen möchte.

Das kleine Duft 1×1
Früher aus der Geschlechtsdrüse der Zibetkatze stammend, wird Zibetöl heutzutage meist synthetisch hergestellt und ist in verdünntem Zustand ein verführerisch-warmer und etwas an Leder erinnernder Duft. Die Kombination mit Moschus und Ambra liegt daher oft – insbesondere für orientalische Düfte nahe. Die Zibetkatze nutzt es zur Markierung ihres Reviers, was den animalischen Charakter des Duftstoffes unterstützt. Die identische chemische Nachbildung des Stoffes ist – anders als bei Ambra und Moschus – nicht möglich.

Natürlich ist das Zibetöl für La Religieuse ebenfalls synthetisch gewonnen und weder Tier noch Mensch musste dafür Schaden nehmen.

Im weiteren Verlauf tritt eine holzige Qualität hinzu, die Robe von Weihrauch und Moschus, die die Kanten der Frommen vermischt und ihre Weiblichkeit hervorzaubert, die dabei aber nicht typisch weiblich wird, sondern eine versteckte Sinnlichkeit beherbergt. Die Haut unter dem Habit. Der Jasmin fügt sich sehr schüchtern in die Komposition, wirkt sinnlich, aber geheim. Eine Blüte, die in verbotener Eitelkeit zwischen Haut und Stoff getragen wird.

FAZIT

Weihrauch und Moschus gehen Hand in Hand und bringen Klerikales und Weltliches sehr harmonisch zueinander, während die Jasminblüte wie ein Mythos mitschwingt, ein Geheimnis, eine helle Leichtsinnigkeit, die noch zwischen Hölle und Himmel hängt. Die eigene Haut mag wohl mitbestimmen, ob die Nonne gen Himmel oder Fegefeuer fährt.

La Religieuse ist keine Diva. Warm und geheimnisvoll gleichzeitig mit einem Kontrast aus kühlem Beginn und warmem Verlauf entkleidet sie sich in einer schlichten Echtheit. Ich kann mir den Duft sehr gut bei Männern wie Frauen vorstellen und würde ihn gern an einem Mann wahrnehmen, dem ich mich annähere. Ich würde ein Versprechen auf Wärme und Intimität riechen, den Blick durch einen Türspalt erhaschen, der warmes Kerzenlicht auf einen kühlen Flur wirft.

 

Die Sillage ist zart, bleibt nah am Körper, je weiter der Duft sich selbst auszuziehen scheint, während er getragen wird, bis er nur ein warmer, sinnlicher Hauch ist, der Nähe erfordert. La Religieuse ist ein Duft, der gut täglich tragbar ist und Träger/Trägerin in dezenter Sinnlichkeit und Wärme begleitet. Interessant, aber nicht selbstverliebt. – Dies scheint jedoch die Liebhaber der Serge Lutens Düfte zu spalten, die an der Religiösen einen Mangel Präsenz und Alleinstellungsmerkmal kritisieren. Ich empfinde ihn gerade durch seine feine und zurückhaltende Art, die dennoch die Tiefe von Weihrauch trägt, als angenehm tragbar und auch tief, gerade weil er nicht mit Gewalt und zu viel Absicht versucht, Tiefgang zu erzeugen. Ich habe einige Komplimente über den Duft erhalten und habe immer wieder auch mit einem gewissen Gefühl von Geheimnis und Intimität zu ihm gegriffen, den ich einnehmend und sehr persönlich empfand. Tier und Mensch. Himmel und Erde. Haut und Geist.

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Wer glaubt, ein Christ zu sein,
weil er die Kirche besucht, irrt sich.
Man wird ja auch kein Auto,
wenn man in eine Garage geht.

– Albert Schweitzer –

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