Duft auf Probe

– Teil 10 –

Lorenzo Villoresi – Teint de Neige

 

Ich wiederhole mich und wer diesen Blog – und die Duftrezensionen, die ich so sehr liebe – öfter liest, weiß: ich liebe Puderdüfte. So sehr. Und während ich die Freude hatte, vor etwa einer Woche Anna (eine beeindruckende Frau) kennen zu lernen und Mannheim unsicher zu machen, haben wir zuletzt noch einen Abstecher in die Kurfürsten Parfümerie gemacht… Und ich kann Euch nicht sagen, wie liebenswert und hilfreich die Beratung gewesen ist! Zwar hat das Geschäft auch einen Online-Shop, aber … wenn Ihr könnt, geht vorbei. Unbedingt.

Unter anderem wurde mir auf meine Wünsche hin Lorenzo Villoresi „Teint de Neige“ empfohlen, den ich Euch heute vorstellen möchte.

Allgemein:

Teint de Neige“ ist nicht nur ein schöner Name – es bedeutet „Die Farbe des Schnees“ – die Bezeichnung, die in der Belle Epoque (1884-1914) dem Schneewittchenteint der Damen gegeben wurde – einem der größten Schönheitsideale der damaligen Zeit. Ein reines, helles, gepudertes Gesicht, das strahlt! Genauso wie die Farbe frisch gefallenen Schnees.

Er wird als „fluffig weich“ beschrieben, dabei mit Puder vermengt und mit der Süße der Tonkabohne akzentuiert. Wie parfümierter Puder, weich und sanft, vornehm, einhüllend, intensiv und langanhaltend. Die Duftstoffe seien in einem sanften und schonenden Verfahren gewonnen und sollen pudrig-sinnlich die Träume der Belle Epoque wieder beleben.

Kopfnote:  Ylang-Ylang
Herznote: Jasmin, Rose
Basisnote: Heliotrop, Moschus, Tonkabohne, Pudrige Noten

Der  Flakon erinnert auch an die Flakons, die es es in der Belle Epoque gegeben haben mag: schlicht, wie eine kurze, kantige Säule. geeistes Glas. Edel, zeitlos.

Den Duft gibt als Eau de Toilette in 50ml und 100ml (zw. 70-100 Euro). Das Eau de Parfum in 50ml kostet etwa 89 Euro. Es gibt übrigens auch einige Körperprodukte mit dem Duft und sogar eine Kerze! (wobei ich mich schwer tue, so viel Geld für eine Kerze auszugeben…)

Duft auf Probe – Eigener Eindruck:

Direkt nach dem Aufsprühen ist der Duft von Ylang-Ylang, Jasmin – Frische und Reinheit geprägt, ehe sich Heliotrop und Rose wie einander ähnliche, aber doch unterschiedliche Schwestern ebenfalls und den Raum begeben. Es weckt Eindrücke von einem lichtdurchfluteten Zimmer und einem riesigen Himmelbett darin, das von weißen Tüchern umgeben ist, die im Wind der offenen Fenster fliegen. Es riecht nach frischer Wäsche, nach reinen Morgensonnenstrahlen durch weiße Gardinen strahlend und dem Lächeln junger Frauen.

Nach 5 Minuten wendet sich Heliotrop der Tonkabohne zu, beide bleiben jedoch sehr zart in dem Morgensonne durchfluteten Raum, setzen sich an einen hellen, klaren Frisiertisch und beginnen sich zu schminken. Ganz zart – nur etwas Puder auf die erröteten Wangen und während die Puderquaste abgeklopft wird, tanzt der weiße Puderstaub in der Luft, kreidig, trocken, hell. Dabei werden aus den Mädchen umgeben von all der Unschuld ihres Belle Epoque Kinderzimmers langsam junge Frauen. Der Puder-Tonkabohnenduft wird erwachsener, bringt gleichzeitig Süße und einen Hauch Würze (minimal!) und der Blick der blauen Mädchenaugen im Schneegesicht wird herausfordernder und selbstbewusster.

Jetzt sind etwa 40 Minuten vergangen. Die Tonkabohne (ungewohnt zurückhaltend) spielt Wärme ein, der Duft von einer kleinen Schatulle mit Puder, der jedoch warm, geborgen und aber auch parfümiert und damit elegant duftet. Die Frische aus den Anfangsakkorden ist in den Hintergrund gegangen – als sei die Sonne einfach weiter fortgeschritten in den Tag.. Aus der Morgensonne wurde Mittag – aus dem Mittag ein Nachmittag, der an die Unbeschwertheit des Morgens erinnert, aber reifer ist, mehr erlebt hat. Älter wird.

Fazit:

Manchmal stolpert man über Wortkombinationen, nach denen man ein Buch benennen, eine Wand beschreiben oder den Blog umbenennen möchte. „Die Farbe des Schnees“ ist eine solche. Ich möchte den Blassen Schimmer am liebsten umbenennen, denn in diesen vier Worten steckt Geschichte, Kultur und Ästhetik 

Das Parfum ist wunderschön. Weich. Pudrig. Warm. Nicht zu unschuldig – aber schon sehr und die Süße des Heliotrop dringt geduldig und genüsslich während der Tragdauer nach vorne. Ihr mögt den Duft von parfümiertem Puder, der kostbar und trotzdem so eindeutig nach dem dekorativen Ritual der Frauen duftet? Diese Süße tropft nicht – sie ist trocken und kreidig. Sie ist wie vorgewärmte, frische Handtücher, die einen geborgen und anziehend umhüllen. Während ich den Abend über so saß, kam mir der Duft immer wieder in die Nase. Das wiederholte sich auch an den beiden Tagen, die ich ihn Probe getragen habe. Aus dem Nichts kam mir plötzlich der Duft aus Schal oder von meiner Haut wieder entgegen. Er scheint eine deutliche Sillage zu haben (die zeitliche Schleppe, die ein Duft im Raum hinterlässt) und ist nicht nur direkt über der Wärme der Haut wahrnehmbar, sondern auch auf normale Gesprächsentfernung. Heliotrop ist übrigens eine ganz wundervolle Nuance, die etwas von Marzipan und Vanille in sich birgt! Er kann zu süß, zu marzipanig sein. Aber in dieser Kombination gibt er etwas so herrliches dazu! Noch nach 4h ist der Duft deutlich wahrnehmbar, aber wärmer und gedeckter in einer nicht aufdringlichen pudrigen Süße.

Ich habe mich sehr über die gute Beratung der Kurfürsten Parfümerie in Mannheim gefreut und lerne seit einigen Jahren diese kleinen liebevollen Parfümerien mit ihren Nischendüften sehr schätzen. Auch das Verständnis von der Notwendigkeit von Proben, um sich einen Duft über einige Tage hinweg „anduften“ zu können, ist leider keine Selbstverständlichkeit, obwohl es beim Kauf eines Duftes so hilfreich und auch notwendig ist! Der Tag mit Anna war außerdem einer der schönsten Tage der letzten Monate!

Wenn Ihr in Eile seid und mir trotzdem zeigen möchtet, ob Euch der Artikel gefallen hat, dann lasst mir doch einfach Sternchen da! Bei Gedanken, Verbesserungsvorschlägen oder Hinweisen freue ich mich über ein Kommentar, um sie zu berücksichtigen!
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